Der 30. Juni 1996 hat das Leben von Oliver Bierhoff grundlegend verändert. Mit seinem Golden Goal im EM-Finale schrieb der heutige Teammanager Geschichte und sicherte Deutschland den dritten EM-Titel nach 1972 und 1980.
Joachim Löw geht seinem Teammanager Oliver Bierhoff aktuell lieber aus dem Weg. "Ich bin froh, wenn ich das nicht höre. Das erzählt Oliver oft genug", sagte der Bundestrainer zu Beginn der Woche - und er grinste breit. Schon Torwarttrainer Andy Köpke hatte während der EM 2012 die Mannschaft bei einer Ansprache launig aufgefordert, doch bitte endlich den Titel zu holen: "Ich möchte nicht ständig über Deutschlands letzten EM-Sieg reden müssen".
Löw und Köpke sprechen vom 30. Juni 1996, an dem sich Oliver Bierhoff mit seinem Golden Goal im EM-Finale gegen Tschechien (2:1) einen festen Platz in der deutschen Fußballhistorie gesichert hat. Noch heute, 20 Jahre danach, ist der letzte deutsche EM-Titel unweigerlich mit dem Namen Bierhoff verbunden.
"Dieses Tor erzielt zu haben, ist natürlich eine Ehre, auf die ich stolz bin", sagte der 48-Jährige vor einigen Tagen im EM-Quartier der deutschen Nationalmannschaft in Evian, als er zum x-ten Mal über seine Gefühle von damals berichten sollte. "Aber", fügte er bestimmt an, "irgendwann nach 20 Jahren reicht es dann auch. Es wird Zeit, dass wir eine neue Geschichte schreiben."
Bierhoffs Aufstieg ist eng mit diesem Tor verbunden
Doch so eine Geschichte wird es nach der Abschaffung der Regel im Jahre 2004 nicht mehr geben. Bierhoff, bis dahin nur Ergänzungsspieler, avancierte von einer auf die andere Sekunde zum Helden. "Das Golden Goal hat mein Leben verändert. Erst danach bin ich in Deutschland richtig wahrgenommen worden", erzählte er der "FAZ", nachdem er als Fußballer in Italien groß geworden war. Er freue sich, "dass ich dieses Glück hatte, so einen entscheidenden Moment in der Fußballgeschichte erleben zu dürfen".
Dabei habe er unter Bundestrainer Berti Vogts bis zum Finale nicht "das große Vertrauen gespürt", erinnerte er sich. Doch Vogts brachte Bierhoff in der 69. Minute für Mehmet Scholl und bewies ein goldenes Händchen. Der Torjäger glich zunächst die tschechische Führung durch Patrick Berger aus (73.), ehe in der 95. Minute im Londoner Wembleystadion der ganz große Moment folgte: Eine Flanke von Jürgen Klinsmann landete im Strafraum bei Bierhoff, der sich links um die eigene Achse drehte und schoss. Er habe "im Leben nicht daran gedacht, dass der Ball reingeht". Doch Torwart Petr Kouba ließ den leicht abgefälschten Kullerball durch die Hände rutschen - Deutschland war zum dritten Mal Europameister.
Blackout nach dem Tor
Er habe nach dem Treffer einen "dreiminütigen Blackout" gehabt, sagte Bierhoff später. Es sei etwas "Unbegreifliches" gewesen. Derart unbegreiflich, dass sich Bierhoff im Ekstase-Modus "erstmals und letztmals" in seiner Laufbahn das Trikot vom Leib riss. Er habe das bei anderen "immer ein bisschen affig" gefunden, doch irgendwie sei der "ganze Ballast weggefallen und es blieb pure Freude". Erst am nächsten Morgen sei ihm bewusst geworden, "welche Wirkung unser Sieg hatte".
Vor allem für Bierhoff selbst. Der kantige und kopfballstarke Stürmer, der in Italien in Ascoli, Udine, beim AC Mailand und in Verona spielte, wurde nun auch in seinem Heimatland eine große Nummer. Nach der WM 1998 übernahm Bierhoff (70 Länderspiele, 37 Tore) in der Nationalelf sogar die Kapitänsbinde, 2014 trug er als Teammanager zum WM-Titel bei. Aber bleiben wird für immer das Golden Goal von 1996 - auch wenn Löw die Geschichte nicht mehr hören mag.
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