Daumen hoch: Bundestrainer Joachim Löw konnte dem Auftritt seiner Schützlinge gegen Italien zufrieden sein.
In überzeugender Art und Weise hat der Weltmeister unter Beweis gestellt, dass er doch Testspiele kann. Einige Tage zuvor war bei der Niederlage gegen England die Diskussion aufgekommen, dass der letzte Einsatzwille gefehlt hatte. Das war gegen Italien nicht zu sehen, Deutschland spielte engagiert, diktierte das Spiel und stand defensiv stabil. "Heute haben wir insgesamt clever gespielt, gut verteidigt und gute Angriffe nach vorne gezeigt", freute sich auch Löw nach der Partie. "Es war ein ganz wichtiger Sieg, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war", unterstrich Marco Reus, der in der 61. Minute eingewechselt wurde. "Heute war es ein gutes Zeichen auch an uns. So schnell kann es gehen im Fußball."
Durch das am Ende deutliche 4:1 hat die DFB-Elf erstmals seit 1995 wieder gegen die "Squadra Azzurra" gewonnen. "Es ist wichtig, dass die Mannschaft das Gefühl hat, dass sie auch Italien schlagen kann", sagte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz nach der Begegnung, fügte aber hinzu: "Aber für die EM spielt das Ergebnis heute nicht die ganz wichtige Rolle. Wenn es um alles geht, werden die Italiener sicher anders auftreten."
Löw stellte neben einigen personellen Veränderungen gegen den Angstgegner auch das taktische System um. Gegen England agierte die DFB-Elf im gewohnten 4-2-3-1, gegen Italien spielte der Weltmeister defensiv mit einer Fünferkette und den beiden Sechsern Toni Kroos und Mesut Özil. "Ich wollte mal was anderes probieren. Es war ein Risiko, aber wenn nicht in so einem Spiel, wann dann?", so der 56-Jährige. Das Risiko sollte sich auszahlen und speziell Özil fand sich in der für ihn ungewohnten Position gut ein. Beide Sechser haben es laut dem Bundestrainer "hervorragend gemacht".
"Mario hat sich das verdient"
Eine Last fällt ab: Mario Götze jubelt über seinen Treffer, Vorbereiter Thomas Müller ist erster Gratulant.
Neben den beiden defensiven Mittelfeldakteuren spielte sich auch ein Offensivmann in den Vordergrund: Mario Götze erzielte das zwischenzeitliche 2:0 und zeigte großen Spielwitz. Bei seinem Torjubel war durch die Allianz-Arena fast zu hören, welche Last dem Bayern-Spieler, der beim FC Bayern unter Pep Guardiola nach seiner Verletzung meistens nur auf der Bank Platz nehmen muss, vom Herzen gefallen ist. "Mario hat sich das verdient und hart erarbeitet. Ich hoffe, dass ihm das Selbstbewusstsein gibt für die nächsten Wochen", sagte Löw.
Einen speziellen Spieler wollte der Weltmeister-Trainer nach der Begegnung nicht herausheben, vielmehr lobte er die gesamte Mannschaft für einen sehr "disziplinierten und konzentrierten" Auftritt.
Die nächsten Wochen sind sehr wichtig
Nun wolle Löw erst einmal die beiden Spiele in Ruhe aufarbeiten, doch er betonte, dass "es schon wichtige Erkenntnisse gab". Am 17. Mai wird der Coach seinen vorläufigen Kader für die Europameisterschaft in Frankreich vom 10. Juni bis 10. Juli bekanntgeben. Spätestens zwei Tage nach dem Testspiel am 29. Mai in Augsburg gegen die Slowakei muss er dann schließlich die endgültigen 20 Feldspieler und drei Torhüter benennen, die die Reise mit antreten. Ein Gerüst steht natürlich schon, doch speziell die Wackelkandidaten müssen sich in den kommenden Wochen über ihre Vereine empfehlen. "Natürlich hängt es jetzt noch in starkem Maße von dem ab, was in den nächsten Wochen passiert", betonte Löw. "Heute hat man schon gesehen, dass einige um ihren Platz gekämpft haben."
Löw: Kollektives Lob und mahnende Worte
Löw ist mit der Leistung seines Teams zufrieden
Joachim Löw und seine Weltmeister haben geliefert, die Fußball-Nation ist besänftigt und hat wieder ein gutes EM-Gefühl.
Nach dem Vier-Sterne-Sieg gegen Angstgegner Italien kann der Bundestrainer ohne weitere öffentliche Aufgeregtheiten ungestört im stillen Kämmerlein an seinem Kader und dem Masterplan für die Tour de France werkeln, die am 10. Juli in Paris triumphal enden soll.
"Es war gut, eine gute Reaktion auf das Englandspiel zu zeigen", sagte Löw nach dem bejubelten 4:1 (2:0) gegen die Italiener. Die personell und taktisch runderneuerte deutsche Mannschaft konnte das 2:3 von Berlin eindrucksvoll korrigieren. Trotzdem mahnte Löw: "Bei der EM gibt es wieder andere Voraussetzungen und Situationen."
Vom Freundschaftsspiel-Schlendrian war in München nichts mehr zu sehen. "Das war wichtig, dass wir es auch mal in einem Testspiel gezeigt haben", sagte Löw nach dem dominanten Auftritt, der die aufgekommenen Zweifel am Erfolgshunger der Weltmeister und ihrer Titelreife bei der EM-Endrunde in Frankreich wegfegte. "Alle Spieler haben ihre Aufgabe erfüllt", lautete Löws Kollektivlob.
Der Druck hat abgenommen
"Jetzt können wir ohne viel Druck von außen Richtung Trainingslager gehen und uns da das erarbeiten, was wir brauchen", sagte Thomas Müller. Der Münchner war in seinem 70. Spiel erstmals Kapitän und ging in einer von Löw weitgehend neu konzipierten DFB-Elf voran. Der Turniercoach hatte kluge Maßnahmen ergriffen, setzte mit taktischen Varianten und fünf Personalwechseln gute Reizpunkte. Die Dreierkette entwickelt sich zur Abwehralternative. Das Experiment mit Mesut Özil und Toni Kroos als Tandem in der Mittelfeldzentrale ging toll auf.
"Das war eine Entscheidung, die man durchaus machen kann. Es ist ein Risiko, klar - aber wenn nicht in so einem Spiel, wann dann?", sagte Tüftler Löw. "Zwei gute Fußballer funktionieren immer. Ob das eine Option ist, ist eine Frage für den Trainer", meinte 1:0-Schütze Kroos zum Versuch mit Özil, dem Elfmeterschützen zum 4:0, als Nebenmann. "Was wir heute gespielt haben, in der Umsetzung, wie wir es getan haben, hat natürlich auch Zukunftspotenzial", sagte der Dortmunder Weltmeister Mats Hummels. Einstellung, Aufstellung - alles passte.
Götze-Plan geht auf
Auch Löws gezieltes Aufbauprogramm für Mario Götze ging auf. Der frustrierte Bankangestellte des FC Bayern krönte in der Münchner Arena sein 50. Länderspiel mit einem Kopfballtor, das der 23-Jährige fast so enthusiastisch bejubelte wie seinen viel, viel wichtigeren Siegtreffer im WM-Finale 2014. An Jonas Hectors 3:0 war der glücklichste Spieler des Abends ebenfalls beteiligt. "Wenn ich spielen kann, bin ich glücklich", berichtete Götze strahlend.
Sein spezieller Dank galt - wenig verwunderlich - Joachim Löw. Der Bundestrainer gibt ihm immer wieder jene Unterstützung, die Götze bei Vereinscoach Pep Guardiola vermisst. "Ich finde es einfach super, dass der Trainer mir das Vertrauen gegeben hat", bemerkte Götze deutlich. Er habe den Abend genossen. "Der Mario hat sich das selber erarbeitet. Ich hoffe, dass dieses Spiel und das Tor ihm wieder ein bisschen Selbstbewusstsein gibt für die nächsten Wochen", sagte Löw.
Der Weltmeistercoach nahm am Mittwoch einen Sack voll positiver Erkenntnisse mit auf die Heimreise. Selbst Italien hat ein wenig den Schrecken verloren - nach 21 Jahren Wartezeit auf einen Sieg. "Es ist natürlich schon gut, dass die Mannschaft das Gefühl hat, dass man auch Italien schlagen kann", meinte Löw mit Blickrichtung EM.
In Frankreich ist die Squadra Azzurra ein potenzieller Gegner im Viertelfinale. Stephan El Shaarawy (83.) erzielte das Ehrentor für die Gäste. Trainer Antonio Conte sprach von einer "klaren Differenz", die sein Team vom überragenden Niveau des Weltmeisters trenne.
Die Spieler haben gekämpft
Im deutschen Siegerteam gab es über den im Mittelpunkt stehenden Götze hinaus etliche Gewinner. "Man hat gesehen, dass einige Spieler wirklich auch um ihren Platz gekämpft haben und gute Leistungen gezeigt haben", sagte Löw mit dem Blick auf die anstehende Kadernominierung am 17. Mai. "Es wird immer leichter jetzt, weil alle in einer guten Verfassung sind", scherzte der Bundestrainer.
Die meisten Plätze sind fix vergeben. Auch im Tor war der Einsatz von Marc-André ter Stegen ein klares Signal, wen Löw hinter Manuel Neuer als Nummer 2 sieht. Der verletzte Kapitän Bastian Schweinsteiger bleibt der große Sonderfall. Der ewige Lukas Podolski ist für Löw ein persönlicher Härtefall. Einige Jungstars drängen sich mehr auf.
"Die Tür ist immer noch offen", betonte der Bundestrainer, der bis zum Saisonende in der Bundesliga wieder in die Rolle des Beobachters schlüpfen muss. "Natürlich hängt es noch in starkem Maße davon ab, was in den nächsten Wochen passiert", sagte Löw. Eine Gewissheit aber hat die Fußball-Nation wieder: Deutschland ist ein EM-Titelaspirant.
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