Mario Götze hat endlich wieder ein Tor geschossen. Mann des Abends war Toni Kroos. Totale Euphorie ist nach dem Erfolg gegen Italien aber so unangebracht wie die Resignation nach dem England-Spiel.
Ausgangslage: Deutschland gegen Italien. Das wäre Ausgangslage genug. Acht von 20 WM-Titeln haben diese beiden Nationen gewonnen. Ein Pflichtspiel hat Italien noch nie gegen Deutschland verloren. Seit 21 Jahren hatte die DFB-Elf gegen ihren Angstgegner nicht mal mehr ein Freundschaftsspiel gewonnen. Neben der Aufgabe, das 2:3 gegen England vergessen zu machen, war es außerdem der letzte Test vor der Kadernominierung für die EM-Endrunde. Ganz schön viel Relevanz für ein Testspiel.
Das Ergebnis: 4:1 (2:0). Hier geht es zum Spielbericht.
Die erste Hälfte: Es war ein Spiel auf taktisch gutem Niveau. Von Italien, mehr aber noch von der deutschen Mannschaft, die nur in den ersten Minuten Probleme mit dem Pressing der Gäste zeigte. Mehrfach kam die DFB-Elf zu Abschlüssen aus dem Zwischenlinienraum.
Einen davon verwertete Toni Kroos zum schönen 1:0 (24. Minute). Das 2:0, kurz vor dem Pausenpfiff, erzielte Mario Götze per Kopf gegen zwei Gegenspieler, nach einer wunderschönen Flanke gegen die Laufrichtung von Thomas Müller.
Italien kam offensiv überhaupt nicht zur Geltung und hatte nur einen einzigen Torschuss vor der Pause.
Die zweite Hälfte: Das dritte Tor des Spiels erzielte Jonas Hector in der 59. Minute, nach Vorarbeit von Julian Draxler. Italiens Abwehrchef Leonardo Bonucci war in der Entstehung ausgerutscht und verletzte sich dabei so schwer, dass er ausgewechselt werden musste.
Eine Viertelstunde später kam es noch schlimmer für Italien: Gianluigi Buffon foulte Sebastian Rudy im Strafraum. Trotz Notbremse zeigte Schiedsrichter Oliver Drachta nicht einmal Gelb. Aber einen Elfmeter gab es. Mesut Özil verwandelte zum 4:0.
Das wäre der höchste Sieg in der Geschichte dieses Duells gewesen, das noch nie eine Mannschaft mit vier Toren Differenz gewonnen hatte. Aber der eingewechselte Stephan el Shaarawy erzielte doch noch den Ehrentreffer (83.), sein Schuss wurde von Antonio Rüdiger unhaltbar abgefälscht.
Die Stimmung: Man muss nicht darüber spekulieren, ob Münchner besser erzogen sind als Berliner. Aber im Gegensatz zu denentwürdigenden Szenen gegen England, als während der Gästehymne Pfiffe gellten und während der Schweigeminute gegrölt wurde, zollten die Münchner Fans dem Gegner und dem verstorbenen Johan Cruyff, dem vor Anpfiff gedacht wurde, Respekt.
Während des Spiels wurde es dann am lautesten, als die mexikanische Welle durch die Zuschauerränge schwappte. In der Schlussphase, es stand immerhin 4:1 gegen Italien, klang die Stadionatmosphäre so wie bei Heidenheim gegen Sandhausen. Man kann nicht alles haben.
Das Comeback: Vor den Augen des Bayern-Trainers Josep Guardiola, der das Spiel auf der Tribüne verfolgte, erzielte Mario Götze sein erstes Tor seit fast einem halben Jahr. Götze war von Bundestrainer Joachim Löw im WM-Finale aufgefordert worden, der Welt zu zeigen, "dass du besser bist als Messi". Im Oktober hatte er gegen Dortmund getroffen. Danach war er lange verletzt ausgefallen. Zuletzt war nur noch darüberdiskutiert worden, wohin Götze den FC Bayern im Sommer verlassen sollte.
Gegen Italien zeigte er ein starkes Spiel und war neben seinem 2:0 auch noch an der Vorbereitung des dritten Tors beteiligt. Hinterher betonte Götze, wie wichtig "das Vertrauen des Trainers für ihn sei". Er meinte nicht Guardiola.
Harmloser als ein Plüschhase: Simone Zaza startete als einzige italienische Spitze. Es gibt wohl keine andere große Fußballnation, die so händeringend nach einem Weltklassestürmer sucht wie Italien. Zaza ist bei Juventus kein Stammspieler, aber sein Einsatz war kein absurder Irrtum von Trainer Antonio Conte: Der torgefährlichste Spieler seines Kaders ist Graziano Pellè von Southampton. Der ist 30 Jahre alt und hat immerhin vier Länderspieltore erzielt in seiner Karriere.
Dass Italien Deutschland so klar unterlegen war, lag jedoch nicht nur an Zaza. Die Qualität der Mannschaft war an diesem Abend generell nicht die eines Turnierfavoriten.
Die antizyklische Doppelsechs: Toni Kroos braucht einen defensiven Partner zur Absicherung? Mesut Özil taucht in großen Spielen ab und ist nicht präsent genug? Löw hatte die taktische Antwort auf solche Stammtischweisheiten. Kroos und Özil gaben die Doppelsechs vor einer Dreierkette in der Abwehr. Das funktionierte vorzüglich. Kroos war der beste Mann auf dem Rasen. Aber nicht alle Anwesenden waren überzeugt: ARD-Experte Mehmet Scholl sah nach dem Spiel keine Zukunft für das Modell. Özils Stärken lägen "weiter vorne". Scholl empfahl stattdessen Bastian Schweinsteiger.
Erkenntnis des Abends: "Das heißt nicht automatisch, dass wir jetzt Europameister werden" (Kommentator Steffen Simon in der ARD).
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