Hannover. Es waren wunderschöne Bilder in Stuttgart. Und ganz ungewohnte dazu. Bei den „Roten“ hatten sich alle lieb. Die 96-Spieler liefen zum Fanblock - und wurden herzlich gefeiert. Nach Wochen des Liebesentzuges war da ein neues Wir-Gefühl zu spüren. Ein überzeugender, weil beherzter Auftritt der Mannschaft und endlich, endlich, mal wieder drei Punkte hatten dafür gesorgt. Dem großartigen wie überraschenden 2:1 beim VfB Stuttgart folgte ein hörbares Aufatmen bei Hannover 96. Und was noch viel wichtiger ist: Die Hoffnung im Abstiegskampf, die nach den Auftritten in den vergangenen Wochen schon gegen null tendierte, ist zurück.
„Die Mannschaft lebt“, erklärte 96-Trainer Thomas Schaaf. Eine treffende Aussage nach einem ereignisreichen Spiel, auch wenn ein wichtiges Wort fehlte. „Wieder“ hätte der 54-Jährige anführen können. Daran, dass die Mannschaft also „wieder lebt“, hatte Schaaf einen erheblichen Anteil. Er wirbelte sein Team mächtig durcheinander - und das nicht nur aufgrund von Verletzungen. Der Coach stellte mutig auf, brachte einige Talente und fand damit die richtige Mischung. Es stand eine Einheit auf dem Platz. Gleiches mag auch beim 0:1 vor zwei Wochen in Dortmund zugetroffen haben, aber diesmal regierte 96 nicht nur, sondern spielte auch mit, phasenweise sogar gut und ansehnlich.
Es waren - bei allem Verdienst der anderen - drei Profis der „Roten“, die dieses Spiel prägten. Allen voran natürlich der Kapitän. Christian Schulz, zuletzt gegen Augsburg nur auf der Bank und in der vergangenen Woche aufgrund von Rückenbeschwerden nur bedingt im Training, zeigte als Innenverteidiger in der Offensive den nötigen Willen, den es braucht, um sich zu behaupten. Zweimal ging er wuchtig zum Kopfball, zweimal konnte sein Team jubeln. Mit dem ersten Tor brachte er seine Mannschaft nach dem 0:1-Rückstand durch Timo Werner zurück ins Spiel, mit dem zweiten sicherte er ihr den ersten Sieg nach acht(!) Niederlagen in Folge.
Bei seinen Treffern hatte der 32-Jährige einen genialen Freistoß-Vorbereiter: Hiroshi Kiyotake, der erstmals nach monatelanger Pause in der Startelf gestanden hatte, unterstrich nicht nur dabei, wie wichtig er für dieses Team ist. Er war Verteiler und Taktgeber.
Allerdings hätten diese beiden Toraktionen wenig genutzt, wenn hinten drin nicht jemand gestanden hätte, der seine ohnehin zur Gewohnheit gewordenen starken Leistungen nicht noch getoppt hätte. Ron-Robert Zieler im 96-Gehäuse hielt spektakulär. Er war außer von Werner einfach nicht zu überwinden. Wo die VfB-Spieler bei ihren am Ende unzähligen Möglichkeiten auch hinzielten, der 27-jährige Nationalkeeper klärte die Situationen.
„Den Sieg haben wir hart erarbeitet“, sagte Zieler. „Die Moral der Mannschaft hat mir heute besonders imponiert. Wir haben nie aufgegeben.“ Und mit dieser Moral hat sich 96 zurückgemeldet im Existenzkampf der 1. Liga und Trainer Schaaf die Bestätigung geliefert, auf die er seit seinem Amtsantritt und nach fünf Niederlagen unter ihm so gewartet hatte. „Unsere harte Arbeit wurde endlich belohnt“, sagte Schaaf. „Ich habe immer an uns geglaubt, ich habe ja bei den Pressekonferenzen keine Märchenstunde abgehalten.“
Märchenhaft aber ist die Wiederauferstehung seines Teams. Das Spiel in Stuttgart, aber auch die Bilder danach haben bewiesen, dass diese Mannschaft wirklich wieder lebt. Der wahre Abstiegskampf hat am Sonnabend begonnen.
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