Kehl: "Der Held für diesen Tag"
Jürgen Klopp zog sein knallgelbes Käppi, verneigte sich in Ehrerbietung vor dem Matchwinner. Der BVB-Trainer wusste, wem er allergrößten Dank schuldete: Sebastian Kehl.
5.221 Tage nach seinem bis dahin letzten DFB-Pokaltreffer, damals noch für den SC Freiburg, machte ausgerechnet der mit 35 Jahren Älteste in Klopps Fußballteam die zwölfte Dortmunder Halbfinalteilnahme mit dem 3:2 (2:2, 1:2) nach Verlängerung gegen 1899 Hoffenheim perfekt.
Kehls erstes Pokaltor für den BVB
Kehls fulminanter Dropkick in der 107. Minute war für ihn die Pokal-Torpremiere in Schwarz-Gelb - und nun hat er auf seiner Abschiedstournee erneut Großes im Sinn: "Natürlich habe ich diesen Traum, noch mal nach Berlin zu fahren." Das Endspiel am 30. Mai im Olympiastadion - es wäre die abschließende Krönung für den Nimmermüden, der seine Karriere beenden und an diesem Entschluss ohne Wenn und Aber festhalten will.
"Es kann noch einmal ein tolles Erlebnis werden", hofft Kehl, den Klopp vor 80.667 Zuschauern in der 63. Minute auf den Rasen beorderte. Da stand es nach dem Treffer von Neven Subotic für den dreimaligen Cupsieger BVB (19.), den Toren von Kevin Volland (21.) und Roberto Firmino (28.) für die Kraichgauer und Pierre-Emerick Aubameyangs Kopfstoß (57.) 2:2 - bis Kehl das Spielgerät so herzhaft auf das Gehäuse drosch, dass 1899-Keeper Oliver Baumann überhaupt keine Abwehrchance hatte.
"Den Dropkick kann ich eigentlich ganz gut. Aber es war auch ein bisschen Glück dabei, dass der Ball so fliegt und an den Innenpfosten geht", konstatierte Kehl bescheiden. Klopp bekannte, dass er "nur gebrüllt" habe. Und Kehl? "Das war spontane Freude, das hat sehr, sehr gut getan." Das Tor nehme er "sehr, sehr gern mit". Aber sich auf derartige Dinge vorzubereiten oder "so etwas aus dem Stutzen zu zaubern" könne man nicht: "Ich weiß ja, wie das ist. Einer muss irgendwann ein Tor schießen und ist dann der Held für diesen Tag."
Klopp glaubt nicht an Kehl-Verbleib
Bleibt der Held für einen Tag nun länger? Klopp glaubt nicht, dass Kehl sich umstimmen lässt und eine Saison dranhängt: "Ich gehe davon aus, dass Kehli länger darüber nachgedacht hat, als der Schuss geflogen ist."
Kehls "grandioser Schuss" (BVB-Sportdirektor Michael Zorc) beendete eine Achterbahnfahrt der Gefühle, speziell für Subotić. Mit einem fürchterlichen Fauxpas hatte er den Kraichgauern das 2:1 geschenkt. Subotić ("Mein dummer Fehler") wusste wie Klopp, wem spezieller Dank zu widmen war: "Was ist, wenn Kehli das nicht macht? Es läuft falsch, und auf einmal ist irgendwie doch alles perfekt", kommentierte Subotić Kehls phänomenales Ding, das man "noch in zehn bis 15 oder 20 Jahren" würdigen müsse. "Den hat er sich aufgespart für die letzte Saison."
Für den BVB war es Seelenbalsam nach einer verkorksten Spielzeit, für Hoffenheim endete auch der sechste Anlauf auf das Halbfinale mit einer Niederlage. Dennoch hielt Coach Markus Gisdol fest: "Wir können aufrecht hier rauslaufen." Seine Mannschaft habe alles abgeliefert, was sie könne. "Aber es sollte nicht sein. Es war haarscharf. Dass es dann durch einen Sonntagsschuss passiert - das ist umso bitterer."
SC-Coach Streich fühlt sich verschaukelt
Christian Streich konnte und wollte sich nicht beruhigen. "Mir stinkt's", schimpfte der Trainer des SC Freiburg. Er fühlte sich beim Viertelfinal-Aus im DFB-Pokal beim VfL Wolfsburg betrogen - wieder einmal.
"Wir hatten drei Situation in zwei Spielen", klagte der Coach, der bereits Mitte März beim Bundesligaspiel mit dem SC in Wolfsburg (0:3) verloren hatte. "Wir fühlen uns sehr ungerecht behandelt", sagte Streich: "Ich verstehe das nicht! Leider sind wir die, die alles akzeptieren müssen." Sein Team müsse sich "gegen solche Widerstände behaupten - das war immer so und wird offensichtlich so bleiben".
Vor dem Elfmetertor von Ricardo Rodriguez in der 72. Minute hatte Julian Schuster den Wolfsburger Daniel Caliguiri im Strafraum zu Fall gebracht. Doch das sah Streich anders. Was den Freiburger Coach zusätzlich erzürnte, war ein ausbleibender Pfiff von Schiedsrichter Tobias Stieler, der wenig später nach einem Zusammenstoß des Wolfsburgers Maximilian Arnold mit Felix Klaus keinen Elfmeter gab.
"Ein Wahnsinn", schimpfte Streich. "Wenn er so handelt, wie kommt er dann auf die Idee, auf der anderen Seite nicht zu pfeifen", fasste er seine Sicht der Dinge zusammen. Vor der Heimfahrt sagte er noch: "Ich muss erst runterkommen."
Pokal: Wolfsburg erneut im Halbfinale
Trotz schlechter Chancenverwertung hat der VfL Wolfsburg das Halbfinale des DFB-Pokals erreicht. Mit dem verdienten 1:0 (0:0) gegen den SC Freiburg zog der Zweite der Bundesliga in die Runde der letzten vier Teams ein.
Nachdem der VfL vor der enttäuschenden Kulisse von 15 237 Zuschauern beste Möglichkeiten ungenutzt gelassen hatte, sorgte erst das Elfmetertor von Ricardo Rodriguez in der 72. Minute für die Entscheidung. Damit sind die Wolfsburger bei der Auslosung an diesem Mittwochabend weiter vertreten und dürfen auf den Einzug ins Pokalfinale hoffen.
Hecking will gewinnen
Mit den markigen Worten "Ich will nicht nach Berlin, ich will in Berlin gewinnen", hatte Wolfsburgs Trainer Dieter Hecking vor der Partie die Pokal-Ambitionen seiner Mannschaft untermauert. Auf dem Rasen versuchten seine Spieler das Vorhaben umzusetzen - taten sich gegen die gut organisierten Freiburger aber anfangs recht schwer.
Nach seinem Premierentreffer in der Bundesliga zum 3:1 gegen den VfB Stuttgart durfte Weltmeister André Schürrle diesmal in der Startelf ran und hatte auch nach 13 Minuten die erste gefährliche Szene des Spiels. Seinen Schuss aus der Distanz lenkte SC-Schlussmann Roman Bürki gerade noch um den Pfosten. Die Freiburger machten die mangelnde spielerische Klasse mit Einsatz und Laufbereitschaft weg und bereiteten den favorisierten Wolfsburgern zunächst Probleme.
Schmid mit Chance zur Führung
Jonathan Schmid hatte sogar die große Chance zur Führung der Gäste, scheiterte mit seinem Freistoß aber am glänzend reagierenden VfL-Keeper Diego Benaglio. "Freiburg macht das sehr gut. Aber als wir das Tempo erhöht haben und mehr investiert haben, haben wir unsere Chancen bekommen", sagte Wolfsburgs Geschäftsführer Klaus Allofs zur Pause im TV-Sender Sky. Zuvor hatte er innerhalb von sechs Minuten vor drei gute Tormöglichkeiten gesehen.
Luiz Gustavo nach Zuspiel von Bas Dost (39.), Vieirinha aus der Distanz (43.) und Dost nach feinem Pass von Schürrle (45.) scheiterten an Bürki. Nach dem Wechsel setzten die Wolfsburger ihr engagiertes Offensivspiel fort und erarbeiteten sich weitere Chancen. Schürrle verzog aus spitzem Winkel (48.), Kevin De Bruyne verfehlte knapp das Tor (52.) - die Gastgeber drängten nun auf die Führung.
VfL am Drücker
Nur selten konnten sich die Breisgauer befreien. Im Gegenteil: Rodriguez mit einem Freistoß (61.) und wieder Schürrle nach Kopfball-Abgabe von Dost (69.) verzogen noch, doch 20 Minuten vor Schluss belohnten sich die Wolfsburger endlich für ihr Powerplay.
Nach einem Foul am früheren Freiburger Daniel Caligiuri entschied Schiedsrichter Tobias Stieler (Hamburg) sofort auf Strafstoß. Diese Chance ließ sich Rodriguez gegen seinen Schweizer Nationalelf-Kollegen Bürki nicht entgehen und sorgte für die jetzt hochverdiente Führung. Demoralisiert wirkten die Gäste allerdings nicht. Maximilian Philipp hatte das 1:1 auf dem Fuß, scheiterte aber am erneut starken Benaglio (75.). Trotz aller Angriffsbemühungen schaffte es der SC aber nicht mehr, die VfL-Defensive zu überwinden.
8,7 Millionen sahen Pokal-Fight in Dortmund
In der Spitze 8,78 Millionen Fans erlebten am Dienstagabend an den Bildschirmen die Live-Übertragung der ARD vom 3:2-Sieg des deutschen Vizemeisters Borussia Dortmund nach Verlängerung im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen 1899 Hoffenheim.
Das entspricht einem Marktanteil von 28,3 Prozent. Eine halbe Stunde vor Mitternacht wurden bei der Zusammenfassung des Pokalabends immerhin noch 4,95 Millionen Zuschauer (MA: 29,5) registriert.
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